
Es war schon schwierig,
sicher,
zu Beginn, ganz am Anfang.
Es ist ja ein altes Haus,
wir wussten,
worauf wir uns einlassen.
Dachten wir jedenfalls.
Als die Wände anfingen,
Blut zu schwitzen,
da hat mein Mann gesagt: Elsi –
er nennt mich Elsi, ein Kosename –
Elsi, sagt er, das kann teuer werden.
Denn mit Feuchtigkeit im Haus
ist nicht zu spaßen,
Blut oder Wasser,
ob da unser Budget ausreicht,
das trockenzulegen?
Da waren die brennenden Kinder im Keller
beim Heizofen wirklich das geringere Problem.
Eine willkommene Abwechslung,
wenn Sie mich fragen, recht schön anzusehen,
wie Irrlichter in der Dunkelheit.
Sie erscheinen meist am Wochenende,
Samstagabend, nach dem Spätfilm.
Überrascht und irritiert waren wir nur
die ersten zwei oder drei Male,
bis uns der Exorzist –
eine Klausel im Kaufvertrag für das Haus,
wir wunderten uns schon –
das Ganze erklärt hat.
Dass wir es sowieso nicht ändern können,
Kinder haben eben ihren eigenen Kopf,
vor allem, wenn sie schlecht erzogen sind,
von einer wahnsinnigen Mutter
und einem viktorianischen Vater,
da muss man mit leben, das Beste draus machen.
Genau wie mit den Möbelstücken,
die durch die oberen Stockwerke toben,
und dem kopflosen Mann,
den man mit der Heckenschere enthauptet hat,
unterm Dach.
Und die Glasscherben im Essen,
jetzt, da wir das wissen,
muss man eben vorsichtig sein.
Ich kann ja nicht meine Tage
in der Notaufnahme verbringen,
nicht wahr?
Das einzig Negative,
wenn ich etwas benennen müsste,
wäre wohl,
dass das Dienstpersonal immer
nur kurz bei uns bleibt.
Was bei einem Haus dieser Größe
schon recht ärgerlich ist.
Es hat sich offensichtlich
schnell herumgesprochen, dass Loretta,
die Ärmste,
in der Bibliothek das Auge verloren hat –
wir tippen auf den Admiral mit dem Brieföffner.
Und Paul, der Gärtner,
mehrfach in Brand geriet,
als er beim Schneiden der Hecke
auf eines der steinernen Pentagramme getreten ist.
Den Rest kann man wirklich aushalten,
wir verstehen uns als moderner Haushalt.
Das heißt,
es macht mir eigentlich kaum etwas aus,
meinen Ehemann bei Vollmond an die Kette zu legen.
Besser, als es nicht zu tun, das letzte Mal,
als wir es ohne versucht haben –
ich weiß, das war leichtsinnig –
hat er zwei Schafe gerissen
und mir die tote Katze der Nachbarn
vors Bett gelegt,
der alte Romantiker.
Nun gut,
wir sind ins Plaudern gekommen,
wenn Sie noch Fragen haben,
ich bin jederzeit für Sie da.
Frische Handtücher finden Sie im Regal
mit dem Schrumpfkopf bei der Treppe,
Frühstück gibt es von Mitternacht bis Sonnenaufgang,
die Köchin leidet unter Lichtempfindlichkeit.
Ach, und über eine positive Bewertung
im Internet würden wir uns sehr freuen,
ist aber kein Muss, natürlich.
Gute Nacht dann,
und lassen Sie sich nicht von den Bettwanzen beißen,
wir füttern sie regelmäßig,
aber man weiß ja nie.
Minilog
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