Antrag

Italien, 

zum Beispiel, 

die Reise, die wir gemacht haben. 

Nach, 

wie hieß das noch gleich? 

Dieses versiffte Hotel an der Hauptstraße? 

 

Cocconella? 

Cononocco? 

Cacconato? 

 

Klar, 

obwohl das Essen grausig war, 

überwürzt und der ganze Knoblauch, 

wir hatten Spaß. 

Und eigentlich war es ja damals 

deine Idee, der Urlaub. 

Das habe ich dir nie vorgeworfen, 

meinetwegen hätten wir gar nicht wegfahren müssen. 

Wie sagte Mama immer: Zuhause ist es am schönsten. 

Für deinen Rinderschmorbraten, Rotkraut und Knödel, 

lass ich alles stehen. Mehr braucht es nicht, 

das kannst du mir glauben. 

Keine Reise nach Italien oder sonst wohin.

 

Johanna, 

hast du eigentlich je darüber nachgedacht, 

wie das wäre? Mit uns beiden? 

Wenn wir es noch mal versuchen? 

Und diesmal richtig? 

Du magst mich doch auch gern, das kann ich sehen, 

nach all den Jahren, die wir uns nun kennen. 

Weil, jetzt wo Mama tot ist, beginnt für mich 

ein neues Leben, ein ganz neuer Abschnitt. 

Tiefgreifende Veränderungen, die wolltest du 

immer für mich, nicht wahr? 

 

Hast du jedenfalls gesagt. 

 

Mir ins Gewissen geredet, 

dass ich selbstständiger werde, 

werden muss. 

Mir einen Job suche, 

mich abnable. 

 

Das hab ich dann wohl auch. 

 

Klar, 

es hat gedauert, 

gut Ding will Weile haben. 

Fakt ist, nach reiflicher Überlegung 

bin ich zu dem Schluss gekommen, 

dass wir uns zusammentun sollten, 

um der alten Zeiten willen. 

Für ein gemeinsames, glückliches Leben. 

Bringt ja nichts, gewartet hast du 

auf deinen Mister Perfekt lange genug. 

 

Und es ist auch ein guter Zeitpunkt, 

genau der richtige, 

um das noch mal zu probieren. 

Dass ich aus der Wohnung rausmuss, 

ist wie ein Fingerzeig des Schicksals, 

wenn du mich fragst. 

 

Weißt du, 

dieses Arschloch hat mir gekündigt, 

der Vermieter von Mama. 

Konnte mich noch nie leiden, der Typ. 

 

Sicher, 

vorher wäre mehr Zeit gewesen, 

das zu organisieren, den Umzug. 

Jetzt bleibt uns nur ein Wochenende, 

anderthalb Tage, bis die räumen. 

Aber früher, das hätte ich Mama nie antun können, 

so krank, wie sie war. 

Allein in der winzigen dunklen Wohnung, 

diesem Loch, eine Katastrophe, rein menschlich. 

Wie sie mich immer angeschaut hat. 

Kaum dreht man sich um, sind die Kinder erwachsen, 

das waren ihre letzten Worte. 

 

Gut, 

bei mir hat Mama sich da umdrehen können, 

so viel sie wollte, das hat nichts genutzt. 

Was sie mir vorgeworfen hat, 

das eine oder andere Mal, 

bei dem Thema gab es ständig Streit. 

Trotzdem bin ich geblieben, was nicht leicht war, 

weiß Gott, aber wir haben es durchgestanden, 

bis zum Ende. 

Ihrem letzten Atemzug. 

Und es war gut so. 

 

Johanna, 

wenn das klappt, das wäre doch toll, oder? 

Und ich red jetzt nicht von dem Sex, 

da bin ich diesmal bereit, Kompromisse zu machen, 

dir entgegenzukommen. 

 

Obwohl, 

wir müssten uns schon vorher einigen, 

wie oft und wann, 

ein paar Tage in der Woche festlegen, 

ich bin ja keine Maschine. 

 

Ach, 

und wir sollten überlegen, 

wie das dann mit den Möbeln wird. 

Die von Mama sind ganz passabel, 

gut in Schuss, finde ich. 

Das würde die Veränderung, den Übergang, 

sicher leichter machen, 

wenn wir uns für die entscheiden würden. 

Deine Sachen können wir ja erst mal 

irgendwo einlagern. 

Der Heiner hat eine Garage, 

hier ganz in der Nähe, 

ein paar Straßen weiter, 

die er gerade nicht braucht. 

Bloß bis wir wissen, 

was mit dem Zeug passiert, 

ob wir es zum Beispiel verkaufen. 

 

Also? 

Was denkst du? 

Der Plan ist doch gut. 

Man könnte es zumindest versuchen 

und dann weitersehen, 

ganz ohne Druck. 

 

Oder? 

Sag doch mal. 

Hörst du mir eigentlich zu? 

Du bist ja so still. 

Johanna? 


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